03.07.2020

Dobbrikow: Neues Straßenschild warnt vord em Elch


Elch „Bert“ ist im Naturpark Nuthe-Nieplitz heimisch geworden. Um unliebsame Zusammenstöße zu vermeiden, werden Autofahrer zwischen Dobbrikow und Nettgendorf ab jetzt mit einem Schildgewarnt – dem ersten in Deutschland.

Bei der Einweihung: Stefan Scheddin, Johannes Ferdinand, Jürgen Frenzel, Dietlind Biesterfeld, Lutz Werner und Gerhard Maetz (v.l.)

Quelle: Elinor Wenke

Dobbrikow. Elch „Bert“ ist im Naturpark Nuthe-Nieplitz heimisch geworden. Um unliebsame Zusammenstöße zu vermeiden, werden Autofahrer zwischen Dobbrikow und Nettgendorf ab jetzt mit einem Schildgewarnt – dem ersten in Deutschland. Elch „Bert“, der seit Monaten immer wieder durch die Nuthe-Nieplitz-Region streift, dürfte sich nun noch willkommener und heimischer fühlen. Ihm zu Ehren wurde am Freitag früh an der Kreisstraße zwischen Dobbrikow und Nettgendorf ein Schild mit seinem Konterfei und dem Hinweis „Einstandsgebiet“ enthüllt.

Damit wird dem Riesenhirsch und dem aufmerksamen Beobachter nun offiziell attestiert, dass die Gemeinde Nuthe-Urstromtal zum Lebensraum der Elche gehört.

Elch „Bert“ mit dem gelben Halsband ist in der Nuthe-Nieplitz-Region unterwegs. Quelle: Peter Koch

Was für Nuthe-Urstromtals Bürgermeister Stefan Scheddin (parteilos)in erster Linie ein Werbe-Gag und ein Tourismus-Magnet ist, hat durchaus einen ernsten Hintergrund. „Das Schild soll Verkehrsteilnehmer vor einer möglichen

Begegnung mit der größten Säugetierart Europas warnen und so letztlich auch die Tiere schützen“, erklärte Gerhard Maetz von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises.

Lutz Werner von der Straßenmeisterei montiert das Schild. Quelle: Elinor Wenke

Laut Maetz ist „Bert“ vermutlich über Polen eingewandert, wurde im Februar 2018 zum ersten Mal in Brandenburg gesichtet und im Rahmen einer Managementmaßnahme in Potsdam-Mittelmark mit einem

leuchtend gelben Halsband-Sender versehen, an dem er gut zuerkennen ist. Der Bulle wog damals 350 Kilo und war schätzungsweisezwei Jahre alt.

Das Warnschild zwischen Dobbrikow und Nettgendorf. Quelle: Elinor Wenke

„Mit Zwischenstationen in Sachsen-Anhalt ist er dem Naturpark Nuthe-Nieplitz treu geblieben und beläuft hier eine Fläche von knapp 100 Quadratkilometern“, erklärt Maetz. „Er fühlt sich hier wohl“, sagt Maetz und verweist mit einem Schmunzeln auf den Zeitplan: „2013 wurde in Brandenburg ein Elch-Management-Plan für die geschützte Tierart erstellt, der bis 2018 galt.

Pünktlich vor Ablauf hat sich ,Bert’ entschlossen, hier sesshaft zu werden und die Vorzüge zu genießen.“

Noch kein Elch-Schild in Deutschland

In Deutschland gibt es bislang kein offizielles Straßenschild zum Elch. Stefan Scheddin bat aber beim Straßenverkehrsamt des Kreises um ein Schild für seine Gemeinde. So eins wie in Schweden kam für das Amt nicht in Frage. Also war Kreativität gefragt.

In Zusammenarbeit mit der Jagdbehörde und der Naturschutzbehörde wurde ein eigenes Schild beschafft. Laut Kreis-Kämmerer Johannes Ferdinand (CDU) mussten dafür rund 600 Euro aufgewendet werden.

Stefan Scheddin mit dem originellen Poloshirt. Quelle: Elinor Wenke

T-Shirt weist auf Elch und Wolf hin

Die Gemeinde Nuthe-Urstromtal zählt derzeit 6740 Bürger. „Wir freuen uns über jeden neuen Bewohner und wenn es ein Elch ist“, sagte Scheddin und präsentierte einen weiteren kreativen Beweis seiner Tier-und Heimatverbundenheit. Ein Poloshirt mit dem Aufdruck „Wo der Wolf mit dem Elch tanzt“ weist auf den Fläming Walk in Nuthe-Urstromtal hin.

Die Kreis-Beigeordnete und Dezernentin Dietlind Biesterfeld (SPD), die unter anderem für den Natur- und Tierschutz zuständig ist, nennt den Elch für die Region „eine große Bereicherung“. Ich freue mich, dass sich das Tier hier so wohl fühlt“, sagte sie.

„Bert“ fühlt sich auch in der Kuhherde wohl. Quelle: Peter Koch

„Bert“ selbst ließ sich am Freitag zur Schild-Einweihung nicht blicken.

Überhaupt haben ihn die meisten bisher nicht zu Gesicht bekommen.

Elch „Bert“ frisst mit den Kühen am Silo

Anders als Landwirt Jürgen Frenzel. Der Chef des Landgutes Hennickendorf kann ein Lied davon singen, dass „Bert“ mit seinen Auftritten nicht nur für Freude sorgt. „Im Herbst bekamen unsere Kühe auch am Silo Futter.

Am nächsten Tag stand der Elch mit da und bediente sich“, berichtete Frenzel.

Das Schild zwischen Nettgendorf und Dobbrikow. Quelle: Elinor Wenke

Mehrmals musste der vierbeinige Riese zur Ordnung gerufen werden, weil er mit seinem langen Beinen durch die Silage gelaufen war; damit kann das Futter unbrauchbar werden. Auch mitten in der Kuhherde auf der Weide fühlt „Bert“ sich wohl. Die Kühe nehmen neugierig Notiz von ihm, die Zuchtbullen haben laut Frenzel Angst vor dem Tier mit dem Geweih. Das Problem für den Landwirt: „Mit seiner Größe macht er die Koppelzäune kaputt. Er trampelt sie nicht absichtlich nieder, aber er latscht“, beschreibt Frenzel seinen vierbeinigen Zeitgenossen. Außerdem ist „Bert“ wählerisch. Er bleibt anderthalb Wochen bei einer Koppel, dann zieht er weiter und macht den nächsten Zaun kaputt. Einen Nachwuchs-Mixzwischen „Bert“ und einer Kuh wird es allerdings nicht geben. „Der Elch gehört zu den Hirschen, eine Kreuzung mit Rindern ist nicht möglich“, versichert Frenzel.

„Bert“ als Feinschmecker

Scherzhaft wird er schon als „Elch-Fütterer“ bezeichnet, denn „Bert“ bediente sich auch schon am Rapsfeld des Landgutes. „Und er ist ein Feinschmecker“, versichert Frenzel, „auf dem Maisfeld hat er die zuckersüßen Spitzen abgefressen.“ Den finanziellen Schaden beziffert Frenzel auf etwa 2000 Euro und Entschädigungszahlungen wie beim Wolf gibt es nicht. Dennoch hat der leidenschaftliche Landwirt seinen Frieden mit dem geschützten Elchgemacht.

„Er lebt nun mal hier“, sagt er.

Mindestens ein weiterer Bulle

Im Sommer des Vorjahres hielt sich nachweislich mindestens ein weiterer männlicher Elch im Naturpark

Nuthe-Nieplitz auf. Auch Jürgen Frenzel hat außer „Bert“ noch einen Elchbullen und ein Kalbgesichtet. Frenzel hat Respekt vor dem Tier. „Er stand schon mal direkt an der Straße, da kriegt man einen Schreck. Denn anders als beim Reh oder Wildschwein knallt der Elch beim Zusammenstoß nicht auf die Motorhaube, sondern wegen seiner Größe in die Windschutzscheibe“, befürchtet er. Deshalb ist das Elch-Schild auch ein Warnhinweis.

Von Elinor Wenke