18.01.2022
Stefan Scheddin ist als Bürgermeister von Nuthe-Urstromtal seit vier Jahren im Amt. Zeit für einen Rückblick und einen Ausblick auf die Zukunft.
Nuthe-Urstromtals Bürgermeister Stefan Scheddin hat „Halbzeit“. Quelle: Iris Krüger
Nuthe-Urstromtal. Stefan Scheddin (parteilos) ist seit dem 15. Januar2018 Bürgermeister der Gemeinde Nuthe-Urstromtal. Der 43-jährigeAhrensdorfer stammt aus einer Handwerkerfamilie und leitete mit seinem Bruder bis Ende 2017 ein eigenes Unternehmen. Ehrenamtlich war er seit 2014 Ortsvorsteher in Ahrensdorf und seit 2010 Gemeindevertreter in Nuthe-Urstromtal. Vor vier Jahren stellte er sich zur Wahl und gewann knapp mit 50,7 Prozent die Stichwahl zum Bürgermeister.
Herr Scheddin, bis zur Hälfte Ihrer ersten Amtszeit haben Sie viele Projekte auf den Weg gebracht. Welche laufen derzeit?
Stefan Scheddin: Ja, das stimmt. Wir haben mehrere Baustellen in Bewegung und bereiten längst wieder die nächsten vor. Derzeit ist noch immer der Kindergarten in Hennickendorf das zentralste Hochbauprojekt, aber auch im Tiefbau sind wir aktiv. So wird voraussichtlich im Februar mit den Unterhaltungsmaßnahmen an den Straßen begonnen.
So soll unter anderem die Berkenbrücker Dorfstraße 2022 komplett saniert werden. Gerade im Bau befindet sich die Ortsdurchfahrt Ruhlsdorf. Dort sind wir für die Nebenanlagenzuständig, daher sind viele Abstimmungen erforderlich.
„Das waren Meilensteine für Nuthe-Urstromtal“
Man merkt, Sie bauen gern und viel.
Ja (schmunzelt). Das mag an meiner persönlichen Geschichte liegen. Ich bin nach wie vor Handwerker und freue mich, wenn sich etwas regt und nicht nur geredet wird. Ich sehe mir dann die Fortschritte auf den Baustellen an und rede gern mit den Handwerkern. Da erfährt man ganz beiläufig, was wirklich los ist und den Leuten auf den Nägeln brennt.
Welches war Ihr wichtigstes Bauprojekt in den vier Jahren?
Oh, da möchte ich mich nicht festlegen, denn es gab viel zu tun. Unsere Schulhöfe sind schon herausragend, aber auch die Turnhallen oder die Feuerwehr in Holbeck, das sind alles Dorf-übergreifende Projekte, die vielen Einwohnern zugute kommen. Glücklich bin ich, dass wir einige Ruinen in der Gemeinde beseitigen konnten.
Das waren schon Meilensteine für Nuthe-Urstromtal.
Was ist mit dem Dorfgemeinschaftshaus in Kemnitz? Es gab viel Kritik an diesem Projekt.
Kemnitz war eine schwere Geburt, auch weil die Forderungen anfangs übertrieben waren. Der zweite Anlauf in abgespeckter Form wurde dann doch beschlossen. Und so haben wir jetzt ein wunderschönes Gebäude am Westeingang der Gemeinde, lange jedoch kein Schloss, was einige vermuteten. Nicht vergessen werden sollte bei aller Kritik, dass wir hier75 Prozent der Kosten über Europamittel finanzieren konnten.
Radweg konnte zunächst nur bis Hennickendorf gebaut werden
Apropos 75 Prozent Förderung - Sie sagten 2017, dass Sie aus einer Million über Fördertöpfe vier machen könnten.
Ist Ihnen das gelungen?
Nein noch nicht ganz, aber ohne das Beantragen der Mittel würde nichts als Stillstand in der Gemeinde herrschen.
Auch den Radweg zwischen Luckenwalde und Beelitz wird derzeit gebaut. Wie sieht die Lage aus?
Der Radweg war und ist ein Herzensprojekt, nicht nur von mir, sondern von all unseren Abgeordneten, und gewiss auch von der Stadtverwaltung in Luckenwalde. Ohne sie wäre das Projekt nicht durchführbar. So ein Radweg ist eine Mammutaufgabe. Nicht das Bauen ist das Problem, Zeit- und Kostentreiber sind die zahlreichen Behörden, die es fast unmöglich machen, loszulegen. Der übertriebene Schutz und auch die verkehrsrechtlichen Hürden sorgten dafür, dass wir zunächst leider nur bis Hennickendorf bauen dürfen.
Es gibt in fast allen Kommunen Probleme mit Kita- und Schulplätzen. Wie sieht es in Nuthe-Urstromtal aus?
Das ist eine Anstrengung, die es zu meistern gilt. Wir haben ausgelastete Kindergärten, daher erweitern wir gerade die Einrichtung in Hennickendorf. Der Hort Stülpe ist bereits erweitert, derzeit laufen die Planungen für einen Hortneubau in Zülichendorf auf Hochtouren. Wenn nun die Baugebiete Gestalt annehmen, werden wir die Investoren in die Pflicht nehmen, um die entsprechende Infrastruktur finanzieren zu können.
Corona beschäftigt die Menschen immer noch. Wie ist Nuthe-Urstromtal bislang durch die Pandemie gekommen?
Wir haben einige Coronafälle, aber einen Hotspot als solches konnten wir nicht ausmachen. Natürlich haben wir die Situation in den Kindergärten, Schulen, Horten und Verwaltung ernst genommen und entsprechende Konzepte erarbeitet. Den Rentnern haben wir einen Impftermin angeboten und unterstützen sie sogar bei der Fahrt zum Impfzentrum, denn der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) fehlt an vielen Stellen. Ich bin froh, dass ich mich auf die engagierten Mitarbeiter in meinem Hause, aber auch auf die Mitarbeiter in den Horten verlassen kann.
Zum Thema fehlender ÖPNV, was wollen Sie dagegen tun und wie will man Menschen zum Umsteigen anregen?
Hier kann die Gemeinde kaum gegensteuern, da wir dies nicht finanzieren können. Es gibt ein funktionierendes Rufbussystem, das auch angenommen wird.
Es fehlen jedoch verlässliche Buslinien nicht nur bei uns, sondern überall im ländlichen Raum. Ich halte es aber für unrealistisch, alle Ortsteile rund um die Uhr mit den Öffentlichen zu erreichen. Gut ist, dass zumindest Vor- und Nachmittags ein Stundentakt der Bahn in Woltersdorf verwirklicht werden konnte.
Freie Kapazitäten im Gewerbepark Ruhsldorf
Was war die größte Herausforderung auf dem bisherigen Weg?
Zum einen der Abriss der Daveda-Teerpappenfabrik in Woltersdorf mit über einer Million Mehrkosten.
Zum anderen war es die Aufgabe, die passenden Mitarbeiter für die Verwaltung einzustellen und das
Vertrauen der Einwohner, der Verwaltung und der Gemeindevertretung zu gewinnen.
In Nuthe-Urstromtal sind die Einwohnerzahlen, anders als prognostiziert, stabil geblieben. Sie wollen Baugebiete erschließen. Gibt es auch Bemühungen und Platz für neue Gewerbeansiedlungen?
Wir haben noch ein Gewerbegebiet bei Ruhlsdorf mit freien Kapazitäten. Vor allem aber gäbe es Möglichkeiten auf dem Areal desehemaligen Flughafens Sperenberg, der zu zwei Dritteln zur Gemeindezählt. Investoren und Anfragen gibt es viele, leider vereiteln noch immer der Natur- und der Denkmalschutz ein Vorwärtskommen.
Wie steht es um die erneuerbaren Energien im Gemeindegebiet?
Nicht wenige sind skeptisch. Um einer „Verspargelung“ der Landschaft entgegenzuwirken, haben wir den Flächennutzungsplan geändert und entsprechende Flächen konzentriert ausgewiesen. Ob und wann diese realisiert werden, hängt allerdings von vielen Faktoren ab; natürlich vor allem von den Eigentümern. Nachdem nun die Ampel in Berlin regiert, wird der Aus-bau der Windkraft sicher Fahrt aufnehmen. Erschreckend für mich ist, das zum Beispiel unsere eigenen Agrarunternehmen auf unfruchtbaren Böden (mit der Bodenpunktezahlunter 20) keine Photovoltaikanlagen errichten dürfen, da diese im Landschaftsschutzgebiet liegen. Kaum jemanden würde das stören. Hier wünschte ich mir, mehr Einfluss nehmen zu dürfen. Das würde auch die Akzeptanz der erneuerbaren Energien deutlich steigern.
Highlight: Leuchtende Kinderaugen in Stülpe und Zülichendorf
Was war denn bislang Ihr Highlight als Bürgermeister?
Das waren ganz klar die Eröffnung des Schulhofes in Stülpe und die in Zülichendorf. Bei beiden kam deutlich zum Ausdruck, wie viel Freude es macht, etwas zu bewegen. Die leuchtenden Kinderaugen zu sehen, war schon sehr beeindruckend. Man kann stolz auf unsere Gemeinde und unsere Schulstandorte sein.
Und was wird 2022 der Höhepunkt?
Das Virus bleibt natürlich eine Herausforderung. Ich hoffe, dass wir die Bauarbeiten in Hennickendorf wie geplant abschließen können und wir einen neuen Kindergarten übergeben können. Das absolute Highlight wäre aber, wenn wir Mittel für den Hortneubau in Zülichendorf erhielten.
Dann würden wir dort schnellstens beginnen. Ansonsten planen wir wieder eine zentrale Seniorenfeier und hoffen, endlich für unsere Kameraden der Feuerwehr ein Fest zu organisieren.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft hinsichtlich Ihrer Gemeindeprojekte?
Den Abbau bürokratischer Hemmnisse, mehr gesunden Menschenverstand auf allen Verwaltungsebenen. Vor allem mehr Miteinander und weniger das Vereiteln von guten Ideen und guten Taten.
Noch eine letzte Frage, treten Sie 2025 noch mal zur Wahl an?
Ja. Bis dahin fließt allerdings noch reichlich Wasser die Nuthe herunter und viele Aufgaben müssen erledigt werden.
Von Iris Krüger