01.12.2023

Dörfer bekommen teilanonyme Grabstätten


In Nuthe-Urstromtal gestalten Einwohner von 22 Ortsteilen ihre Friedhöfe weitgehend in Eigenleistung um und machen damit teilanonyme Begräbnisse möglich.

In Zülichendorf ist auf dem Friedhof ein neuer Andachtsplatz entstanden

Zülichendorf. Ungepflegte Friedhöfe gehören in Nuthe-Urstromtal bald der Vergangenheit an. Mit einem Konzept für die gesamte Gemeinde mit ihren 22 Friedhöfen hat es die Kommune geschafft, den Negativ-Trend zu stoppen.

In einigen Ortsteilen gibt es seit wenigen Jahren oder erst ein paar Monaten teilanonyme Grabstätten. Die neueste Umgestaltung hat in Zülichendorf stattgefunden.

„Wir standen schon vor einigen Jahren vor dem Problem, dass unsere Friedhöfe zu groß sind“, sagt Bürgermeister Stefan Scheddin (parteilos). Denn Erdbestattungen sind immer weniger gefragt. Die Verstorbenen und ihre Familien wünschen heute häufiger Feuerbestattungen, weil die Gräber dann kleiner und pflegeleichter sind.

Für viele hinterbliebene Angehörige, die aus der Gemeinde weggezogen sind, wäre die Pflege einfach zu aufwendig. 2018 stellte die Verwaltung das Konzept unter zwei Prämissen auf:

Die klamme Gemeinde selbst sollte die Rettung aller 22 Friedhöfe samt zusätzlicher Trauerhallen möglichst wenig kosten. „Gleichzeitig haben wir den einzelnen Ortsteilen weitestgehend freie Hand bei der Gestaltung gelassen“, sagt Scheddin. Mit Erfolg: „Die Einwohner haben wirklich schöne und würdige Anlagen in ihren Ortsteilen gestaltet", sagt er.

Teilanonyme Begräbnisse sind nun auch in Zülichendorf möglich.

In Zülichendorf ist – so zumindest die Meinung des Bürgermeisters – eine der am besten gelungenen Umgestaltungen zu sehen. In mehreren Planungstreffen haben engagierte Einwohner ihre Ideen mit der Verwaltung besprochen und schließlich einen Weg gefunden, ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Die teilanonyme Begräbnisstätte ist bereits fertig. Im Sommer musste es plötzlich ganz schnell gehen: Einer der Zülichendorfer Helfer war nach einem Schicksalsschlag überraschend früh verstorben. Sein Name ist der erste und bisher einzige, der auf einer der einheitlichen Steinplatten mit 20 mal 30 Zentimetern Größe steht.

Angehörige des Verstorbenen halfen auf dem Friedhof bis zum Schluss an der Gestaltung des „Lebensfluss“ mit, wie die Zülichendorfer ihre geschwungene teilanonyme Grabstätte nennen. Zwischen den Platten können Blumen, Gräser und kleine Sträucher gepflanzt werden. Die gesamte Anlage ist einfacher zu pflegen, der Aufwand für die Hinterbliebenen, aber auch für die Gemeinde sinkt.

 

Besonders stolz sind die Zülichendorfer auf ihren neuen Andachtsplatz, der direkt neben der teilanonymen Grabstelle entstanden ist. „Wir haben keine Kirche, die für Gedenktagegenutzt werden könnte“, sagt Einwohnerin Annett Paßow. Auf dem Friedhof am Ortsrand gibt es nun einen zentralen Platz mit mehreren Sitzbänken, einem Rednerpult und einem gepflasterten Platz für den Sargwagen. „Im Sommer oder aber auch bei kühleren Temperaturen sind jetzt hier Trauerfeiern möglich“, erklärt Paßow. „Sonst gab es immer eine Gedenkfeier zu Ostern, zu der die Menschen eigene Stühle mitgebracht haben.“ Die Idee für den Andachtsplatz hat sich die Zülichendorferin im Friedwald bei Potsdam abgeschaut. Dort gibt es eine ähnliche Anlage aus Holz. Ihre eigene Version haben die Zülichendorfer größtenteils in Eigenleistung gebaut. „Vom Zweitklässler bis zum Rentner waren alle Altersgruppen bei den Einsätzen auf dem Friedhof dabei“, berichtet Annett Paßow.

 

Der Bauhof der Gemeinde half später beim Pflastern. Viele Materialien konnten die Zülichendorfer entweder selbst günstig erstehen oder wiederverwerten. Die Pflastersteine beispielsweise lagen bis vor Kurzem im Gottdorfer Weg neben der Grundschule, der von der Gemeinde gerade aufwendig saniert wird.

Von Victoria Barnack

Fotos: Victoria Barnack